Hydraulik und Schmierung für tonnenschwere Turbinen in brasilianischen Wasser-Kraftwerken
Während Deutschland bei der Realisierung der Energiewende noch vor vielen ungelösten Fragen steht, ist man in Südamerika schon wesentlich weiter. Ausgerechnet das Schwellenland Brasilien erweist sich als Vorbild in Sachen erneuerbare Energie.
Rund 75 Prozent des Strombedarfs werden dort mit Wasserkraft gedeckt – und die Anzahl der Kraftwerke wächst kontinuierlich. Verwendet werden in einigen der bestehenden und noch im Bau befindlichen Kraftwerke NETZSCH Schraubenspindelpumpen zur Lagerschmierung und für die Hydraulikeinheiten für die Turbinenschaufeln. Vor allem die Hydrauliksysteme sind für die Leistung der Kraftwerke entscheidend, da sie die Drehzahl der Turbinen regulieren.
So laufen beispielsweise im neuen Werk Estreito am Rio Tocantins die bislang größten Kaplan-Turbinen des Landes. Allein ihr Rotor wiegt 470 Tonnen. Durch das enorme Gewicht, das auf den Lagern ruht, muss vor allem beim Anfahren und beim Abschalten der Schmierstoff mit sehr hohem Druck eingebracht werden, um überhaupt einen Gleitfilm zwischen den rotierenden und statischen Bauteilen herstellen zu können. Verwendet werden dazu Getriebepumpen, die 100 bis 250 bar erzeugen können. Die beweglichen Komponenten des trockenen Lagers lassen sich dadurch leicht anheben und zuverlässig schmieren. Sobald ein stabiler Ölfilm etabliert ist, wird die Einspritzung abgestellt.
Aufgabe
Schmiermittelzufuhr
Die kontinuierliche Schmiermittelzufuhr sowie die Rückführung zur Kühlung und Filtration übernehmen Schraubenspindelpumpen. Um möglichst lange Standzeiten und eine hohe Widerstandsfähigkeit während des gesamten Lebenszyklus zu erreichen, wird beim Design der Pumpen auf einen hydraulischen Schubausgleich innerhalb der Pumpe geachtet; dabei gehen auch für hohe Drücke die Axialkräfte gegen Null. Zusätzlich schützt ein integriertes federbelastetes Überströmventil die Anlage vor Überlastung.
Die Schrauben werden aus gehärtetem Nitrierstahl gefertigt und das Pumpengehäuse aus Gusseisen. Die Förderleistung der verbauten Pumpen variiert je nach Standort und benötigtem Schmierölvolumen sowie nach der Größe der Turbinenlager und der Generatoren. Die Bandbreite der verschiedenen Projekte reicht von 25 l/min bis 3.000 l/min bei 3 bis 8 bar Druck im Rezirkulationskreis. Die Öltemperatur kann durch die Reibungshitze im Lager auf bis zu 60°C ansteigen, weshalb aus Sicherheitsgründen Pumpenkonfigurationen gewählt wurden, die auf bis zu 120°C ausgelegt sind.
Lösung
Steuerung der Turbinendrehzahl
Schraubenspindelpumpen werden auch zur Steuerung der Turbinendrehzahl eingesetzt. Diese permanente Regelung ist essentiell, um auf Veränderungen in der Wassermenge des genutzten Flusses reagieren zu können. Bei den Kaplan-Turbinen erfolgen die entsprechenden Einstellungen mittels verstellbarer Schaufeln am Leit- sowie am Laufrad, die flacher oder steiler gestellt werden und so das auf den Rotor treffende Wasservolumen und die erzeugte Strommenge bestimmt. Die Technik wird auch zum Anfahren und schnellen Beschleunigen der Turbine benötigt.
NETZSCH konzipierte und lieferte dazu ein komplexes Drehzahlregelungssystem inklusive Steuerung. Bei den Pumpen handelt es sich um eine Ausführung mit drei Schrauben, wovon eine als Antriebsspindel fungiert, die die Kraft eines angeschlossenen Drehstrommotors auf die beiden Nebenspindeln überträgt. Der damit erzeugte Druck von 68 bar reicht aus, um die gewaltigen Turbinenflügel selbst während des Laufs präzise zu verstellen.